Olympische Fussballturniere Athens 2004

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USA hält dem Ansturm der Jugend noch einmal stand

Der Riese wankte, aber er fiel nicht: Die USA holten zum zweiten Mal nach Atlanta 1996 Olympisches Gold. In einem packenden Finale bezwangen die Spielerinnen von Trainerin April Heinrichs Gegner Brasilien mühevoll mit 2:1 nach Verlängerung. Doch die USA benötigten schon eine Menge Glück und zweimal den Pfosten, um gegen die aggressiv und druckvoll agierenden Südamerikanerinnen, die inzwischen in die Weltspitze vorgestoßen sind, noch einmal den Kopf aus der Schlinge zu ziehen.

Doch neben Brasilien bewiesen auch die Teams aus Mexiko, Nigeria, Japan und Australien, dass die Spitze im Frauenfussball noch enger zusammengerückt ist. Einzig Gastgeber Griechenland stand aufgrund seiner mangelnden Erfahrung gegen die Top-Teams auf verlorenem Posten. Weltmeister Deutschland musste sich diesmal mit der Bronzemedaille zufrieden geben, die mit einem 1:0-Sieg über Schweden gesichert wurde. Die größte Enttäuschung war China, das sang- und klanglos in der Vorrunde ausschied.

Erfolgreicher Abschied für "Fab Five"

Für die Urgesteine des US-Frauenfussballs, Mia Hamm, Kristine Lilly, Julie Foudy, Brandi Chastain und Joy Fawcett war der Olympiasieg der würdige Abschluss einer großartigen Karriere. Mit einem standesgemäßen 3:0-Erfolg gegen Griechenland war das Team in das Turnier gestartet, beim ersten Aufeinandertreffen mit Brasilien hatten die US-Spielerinnen dann bereits Mühe, denn die Kickerinnen vom Zuckerhut waren vor allem in der ersten Halbzeit die bessere Mannschaft. Am Ende behielt das routiniertere Team aus den Staaten mit 2:0 die Oberhand. Die USA schienen verunsichert, einem 1:1 im abschließenden Gruppenspiel gegen Australien folgte ein umkämpfter 2:1-Erfolg gegen Japan im Viertelfinale. Im Halbfinale ließen Hamm & Co. dann aber ihr gesamtes Können aufblitzen, als sie sich mit einem 2:1-Sieg nach Verlängerung gegen Weltmeister Deutschland für die Halbfinalniederlage bei der FIFA Frauenfussball-Weltmeisterschaft USA 2003 revanchierten. Heather O'Reilly sorgte mit ihrem Treffer in der 99. Minute für die Erlösung.

Im Endspiel gegen die starken Brasilianerinnen gingen die USA durch einen Treffer von Lindsay Tarpley in Führung, doch Pretinha läutete mit ihrem Ausgleich eine furiose Schlussviertelstunde ein, in der die Südamerikanerinnen die USA bei zwei Pfostenschüssen an den Rande der Niederlage brachten. Doch dank eines Kraftaktes in der zweiten Verlängerung, welche die USA binnen drei Tagen zu absolvieren hatten, konnte sich das Team noch einmal schadlos halten. Stürmerin Abby Wambach sorgte mit einem kraftvollen Kopfball acht Minuten vor dem Ende für die Entscheidung.

Brasilien fehlte am Ende nur das Glück

Die Brasilianerinnen deuteten bereits in der Vorrunde an, zu welchen Leistungen sie fähig sein würden, so unter anderem beim 7:0-Schützenfest gegen Griechenland oder der 0:2-Niederlage gegen die USA, wo man 45 Minuten lang das bessere Team auf dem Platz war. Im Viertelfinale machten man beim 5:0 mit den aufstrebenden Mexikanerinnen kurzen Prozess, ehe das Team im Halbfinale gegen Schweden auf größeren Widerstand stieß. In der ersten Halbzeit hatte Brasilien Mühe mit dem Vizeweltmeister, doch in den zweiten 45 Minuten übernahm das Team von Trainer René Simoes nach und nach die Oberhand, Pretinhas Treffer zum 1:0-Erfolg war mehr als verdient. Im Endspiel gegen die USA wuchsen die Südamerikanerinnen dann schier über sich hinaus. Mit Körper betontem und aggressiven Spiel stellten sie die Amerikanerinnen vor gewaltige Probleme. Nach Pretinhas Ausgleichstreffer zum 1:1 schien Brasilien sogar auf der Siegerstraße, denn die USA wackelten gewaltig. Cristiane und Pretinha hatten bei Pfostenschüssen Pech. Auch in der Verlängerung war Brasilien gegen immer müder werdendere Amerikanerinnen das aktivere Team, doch die Belohnung blieb dem Team versagt, die USA gewannen schließlich die Goldmedaille.

Spitze rückt enger zusammen Das Olympische Frauenfussballturnier hat gezeigt, dass die einst klaren Hierarchien immer mehr der Vergangenheit angehören. Dies belegen auch die Zahlen: Wurden bei der FIFA Frauenfussball-Weltmeisterschaft USA 2003 noch fast die Hälfte aller Spiele (15 von 32) mit einer Differenz von drei Toren oder mehr gewonnen, lag die Quote in Athen nur noch bei 20 Prozent (Vier von 20). Australien erreichte zum ersten Mal das Viertelfinale eines großen Turniers, Japan und Nigeria stellten in ihren Viertelfinalspielen die Gegner aus den USA und Deutschland vor große Probleme, ehe sie sich am Ende nur knapp mit 1:2 geschlagen geben mussten. Die Japanerinnen bewiesen bereits zum Auftakt beim 1:0-Sieg gegen Schweden, welche Fortschritte sie gemacht haben, auch die Afrikanerinnen zeigten beim Sieg gegen Japan und den knappen Niederlagen gegen Schweden und Weltmeister Deutschland, dass der Abstand zu den Top-Nationen weiter verringert wurde. Mexiko stieß ebenfalls bis in das Viertelfinale vor, bevor man die Überlegenheit der Brasilianerinnen anerkennen musste. Weltmeister Deutschland und Vizeweltmeister Schweden hatten im Vorfeld des Turniers mit zahlreichen Verletzungen zu kämpfen, dennoch klassierten sich beide Teams erneute unter den vier besten Mannschaften. Man darf gespannt sein, wie sich der Umbruch im US-Team vollziehen wird, wenn die fünf Topspielerinnen Hamm, Foudy, Chastain, Fawcett und Lilly dem Team zukünftig nicht mehr zur Verfügung stehen werden. Für Gastgeber Griechenland war das Turnier eine wichtige Bestandsaufnahme, um auszuloten, welche Bereiche zukünftig noch verbessert werden müssen. Enttäuschend war das Abschneiden des chinesischen Teams, das zum Auftakt eine herbe 0:8-Niederlage gegen Deutschland erlitt. Der Schnitt, den das Team nach der FIFA Frauenfussball-Weltmeisterschaft USA 2003 vollzogen hat, und der Einbau neuer, junger Spielerinnen dürfte etwas zu radikal vonstatten gegangen sein. Doch bei den Titelkämpfen im eigenen Land 2007 wird China sicherlich eine schlagkräftige Truppe auf die Beine stellen.

Marta: jung, schnell, stark Im Laufe des Jahres hatte es sich bereits angedeutet, in Athen unterstrich die erst 18-jährige Brasilianerin Marta beim Olympischen Frauenfussballturnier eindrucksvoll ihre bereits in jungen Jahren vorhandene Klasse. Trotz ihres Alters ist sie bereits der Kopf des Teams, immer wieder ist es eine Augenweide, der 1,60 Meter großen Stürmerin beim Spielen zuzuschauen. Im Endspiel gegen die USA brachte sie die US-Spielerinnen mit ihrer Schnelligkeit und Antrittsstärke immer wieder in Verlegenheit und bediente ein ums andere Mal ihre Teamkolleginnen Pretinha und Cristiane mit maßgerechten Pässen und Flanken.

Marta, die vor wenigen Monaten mit ihrem schwedischen Verein Umeå den UEFA-Pokal gewann, ist technisch versiert, verfügt über großartige individuelle Eigenschaften und stellt sich ganz in den Dienst der Mannschaft. Mit ihrem Können trug sie maßgeblichen Anteil daran, dass das Team in das Finale einzog. Insgesamt gelangen ihr im Turnierverlauf drei Treffer, jeweils einer gegen Australien, Griechenland und Mexiko. Man darf gespannt sein, wie sich die junge Brasilianerin weiterentwickeln wird.

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