Donnerstag 30 September 2021, 09:00

Wenger und Ellis: Wir wollen sicherstellen, dass Männer- und Frauenfussball nebeneinander existieren

  • Die aktuellen Versionen des internationalen Spielkalenders im Frauen- und Männerfussball laufen 2023 bzw. 2024 aus 

  • Arsène Wenger und Jill Ellis leiten den Konsultationsprozess mit allen Interessengruppen

  • Erster Online-Gipfel mit FIFA-Mitgliedsverbänden am Donnerstag, 30. September

Der Leiter für globale Fussball-Entwicklung der FIFA, Arsène Wenger und die zweimalige Weltmeistertrainerin Jill Ellis, die die Rolle der Leiterin des Technischen Beratungsgremiums für den Frauenfussball übernommen hat, haben ihr Ziel unterstrichen, im Rahmen der laufenden Konsultation zum künftigen internationalen Spielkalender die Koexistenz von Männer- und Frauenfussball sicherzustellen. 

Der internationale Spielkalender legt die Termine für die Spiele der Nationalmannschaften und die Tage fest, an denen die Spieler von ihren Vereinen freigestellt werden müssen, damit eine Berufung in den Nationalkader möglich ist. Er spielt daher eine zentrale Rolle für das nachhaltige Wachstum des Fussballs in allen Regionen der Welt und auf allen Ebenen.

Die FIFA holt derzeit und in den kommenden Monaten die Ansichten und Meinungen aller wichtigen Interessengruppen, einschließlich der Fans, dazu ein, wie der Kalender für Frauen- und Jugendwettbewerbe verbessert werden kann.

Im Vorfeld des ersten Online-Gipfels mit den FIFA-Mitgliedsverbänden unter Vorsitz von FIFA-Präsident Gianni Infantino – eine von mehreren Gelegenheiten, um in den kommenden Monaten eine konstruktive und offene Debatte auf globaler und regionaler Ebene zu führen – gaben Arsène Wenger und Jill Ellis Einblicke in ihren gemeinsamen Ansatz im Home of FIFA in Zürich.

"Es ist von zentraler Bedeutung, dass wir sicherstellen, dass Männer- und Frauenfussball nebeneinander bestehen", sagte Ellis. "Wir haben bei der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft 2019 mehr als eine Milliarde Fernsehzuschauer erreicht. Das zeigt, dass es ein überaus großes Interesse am Frauenfussball gibt. Ich denke, es ist wichtig für uns, dass wir unseren Fußabdruck vergrößern, dass wir größer werden. Eine Koexistenz Seite an Seite mit dem Männerfussball ist daher absolut sinnvoll."

In den ersten Diskussionen über den Konsultationsprozess wurde angedeutet, dass Änderungen im Männerfussball zu Lasten des Frauenfussballs gehen könnten. Diese Annahme will der Franzose unbedingt widerlegen.

"Zu Beginn meiner Karriere gab es nur den Fussballkalender für Männer. Mittlerweile hat die Entwicklung des Frauenfussballs natürlich die Notwendigkeit mit sich gebracht, gut zu kommunizieren und sicherzustellen, dass wir den Kalender während der gesamten Saison miteinander abstimmen.

Dies beginnt damit, dass wir Platz für alle schaffen. Das ist absolut wichtig. Wir müssen uns zusammensetzen und fragen: 'Wann spielt ihr?' und 'Wann spielen wir?', und dann sehen, dass wir eine Möglichkeit finden, das abzustimmen", fügte Wenger hinzu.

FIFA Chief of Global Football Development Arsene Wenger and FIFA Women’s Technical Advisory Group Lead Jill Ellis Interview

Das zunehmende Ungleichgewicht zwischen den Wettbewerben, das Fehlen einer obligatorischen Ruhezeit für die Spielerinnen und Spieler, die übermäßige Anzahl von Reisen und Spielen, die die Gesundheit und das Wohlbefinden der Spielerinnen und Spieler gefährden, und die ständige Unterbrechung der nationalen Ligen, die die Vereinswettbewerbe stören, sind einige der Kernthemen, die im Rahmen des Konsultationsprozesses des internationalen Spielkalenders unter die Lupe genommen werden. 

In den vergangenen Jahren haben das Wachstum der nationalen Frauenligen und die Zunahme der internationalen Spielertransfers die gleichen Probleme verschärft, so dass nun auch der internationale Frauenfussball damit konfrontiert ist.

"Ich war ja selbst lange im internationalen Fussball tätig, aber ich möchte die Standpunkte aller Beteiligten am Tisch verstehen", sagte Ellis. "Wie Arsène sagt, es geht um Kommunikation und um Zuhören. Ehemalige Spieler, aktuelle Spieler, Vereinstrainer, Trainer der Nationalmannschaft sollten einbezogen werden. Man will deren Sichtweisen kennen.

Wenn man Menschen zusammenbringt und beginnt, Gedanken und Ideen auszutauschen, kann man wirklich besser verstehen, womit jeder zu tun hat, was die Herausforderungen sind und welche Möglichkeiten es gibt.

Ich denke, es war sehr wichtig, diesen Prozess zu beginnen, um zu verstehen, welche Herausforderungen es für die Europäer, die Südamerikaner, die Vereinstrainer und die Nationaltrainer gibt. Wir wollen ein Modell, das die Spieler in den Mittelpunkt stellt. Letztendlich geht es bei unserem Spiel ja um die Spieler. Daher ist es sehr wichtig, sicherzustellen, dass ihre Sichtweise und ihre Stimme in diesem Prozess vertreten sind."

FIFA Chief of Global Football Development Arsene Wenger and FIFA Women’s Technical Advisory Group Lead Jill Ellis Interview

Die FIFA hat sich verpflichtet, die Häufigkeit der Wettbewerbe für Männer-, Frauen- und Jugendnationalmannschaften zu überprüfen, nachdem 166 FIFA-Mitgliedsverbände auf dem 71. FIFA Kongress im Mai 2021 für die Durchführung einer Machbarkeitsstudie gestimmt haben, um die möglichen Auswirkungen der Durchführung der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft™ und der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft™ alle zwei Jahre zu untersuchen.

Das von FIFA-Präsident Gianni Infantino oft genannte langfristige Ziel der FIFA ist es gemäß seiner FIFA-Vision 2020-2023, 50 Nationalmannschaften und 50 Vereine zu haben, die auf höchstem Niveau sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen antreten.

"Wir möchten ja, dass beide Seiten (der Männer- und der Frauenfussball) zufrieden sind und sich entwickeln. Daher würde ich sagen, dass es wichtig ist, eine qualitativ hochwertige Organisation auf beiden Seiten zu haben, die alle zufriedenstellt", so Wenger weiter.

"Dem stimme ich absolut zu", so Ellis zum Abschluss. "Ich denke, dass sich unsere Fangemeinden überschneiden. Man sieht Frauen als Zuschauerinnen bei den Spielen der Männer, und man sieht junge Männer und Jungen bei den Spielen der Frauen. Ich stimme mit Arsène überein: Wir wollen beide Plattformen ausbauen. 

Letztendlich soll der Fussball ja ein globales Spiel sein. Im Moment befinden wir uns noch in einem Prozess, wir haben im Frauenfussball viele Länder, die erst am Anfang der Entwicklung stehen. Diese Entwicklung zu beschleunigen, ist Teil unserer Ambitionen, damit wir (die FIFA) überall einen guten Zugang haben."