Freitag 08 Oktober 2021, 06:47

Mitrović: "Statistisch gesehen ist Ronaldo der Beste"

  • Aleksandar Mitrović ist Rekordtorschütze Serbiens

  • An der Spitze der Torjägerliste der Europa-Zone

  • Exklusiv-Interview mit dem Angreifer der Serben

Am 27. März lag Serbien im zweiten Qualifikationsspiel für die FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Katar 2022™ zur Halbzeit in Belgrad mit 0:2 gegen Portugal zurück. Doch nach der Pause wollten die Serben es noch einmal wissen. Aleksandar Mitrović verkürzte den Rückstand kurz nach Wiederanpfiff und leitete damit das serbische Comeback ein. Am Ende stand ein 2:2-Unentschieden auf der Anzeigetafel. 

Mitrović, der in der vorherigen Partie gegen die Republik Irland (3:2) bereits einen Doppelpack erzielt hatte, ging mit diesem Treffer in die Geschichte ein, denn er brach damit den 65 Jahre alten Rekord von Stjepan Bobek (38 Treffer), der für Jugoslawien angetreten war, und avancierte zum Rekordtorschützen Serbiens. Dann knüpfte der Angreifer des FC Fulham in den Spielen gegen Aserbaidschan (2:1) und Luxemburg (4:1) mit zwei weiteren Doppelpacks nahtlos an seine Glanzleistung an. Damit führt der 27-jährige Koloss (1,89 m) die Torjägerliste des europäischen Qualifikationswettbewerbs nun mit sieben Treffern gemeinsam mit Memphis Depay an. 

Jetzt stehen für Serbien die Partien gegen Luxemburg (9. Oktober) und Aserbaidschan (12. Oktober) an, in denen sie sich die bestmögliche Ausgangsposition für ihr letztes Spiel der Gruppe A verschaffen wollen. Zum Abschluss geht es nämlich in Lissabon gegen Portugal. Im Vorfeld der beiden Oktoberspiele hat FIFA.com sich mit dem serbischen Serientorschützen unterhalten, der mittlerweile 43 Treffer im Nationaltrikot verbuchen kann.

Aleksandar Mitrović, wie hat es sich angefühlt, Rekordtorschütze Ihres Landes zu werden?  Ich war sehr stolz. Das ist eine Riesensache für mich, für meine Familie ... Schließlich stammte der Rekord aus dem Jahr 1956. Es war ein unglaubliches Gefühl, einer der schönsten Augenblicke meines Lebens und meiner Karriere. 

Seit wann hatten Sie den Ehrgeiz, diesen Rekord zu brechen?  Ich habe schon seit meiner Jugend daran gedacht, seit ich für das Nationalteam spiele. Vor mir haben schon hervorragende Spieler dieses Trikot getragen, und sie haben es nicht geschafft. Ich habe immer an meine Möglichkeiten geglaubt und hart gearbeitet, um diesen Traum wahr werden zu lassen. 

Welches von Ihren insgesamt 43 Länderspieltoren ist Ihr Lieblingstreffer?  Ich mag sie alle. Jedes Tor ist anders und etwas ganz Besonderes. Aber wenn ich mich entscheiden müsste, würde ich mein allererstes auswählen, gegen Kroatien (1:1, 6. September 2013, Qualifikation für Brasilien 2014, Kopfball nach Ecke), und dann noch das gegen Irland (3:2-Sieg, 24. März 2021, Qualifikation für Katar 2022, grandioser Lupfer aus 25 Metern).

Welche Bedeutung messen Sie Statistiken bei?  Beim Fussball geht es vor allem um Leidenschaft. Ich bin nicht besessen von Zahlen. Es ist immer super, gute Statistiken zu haben, aber ich spiele aus Liebe zu diesem Sport. Diese Leidenschaft motiviert mich, hart zu arbeiten und mein Bestes zu geben. Wenn ich dieses Gefühl nicht mehr habe, werde ich die Fussballschuhe an den Nagel hängen. 

Welche Torjäger haben Sie in Ihrer Jugend inspiriert?  Ich habe immer die besten Torschützen beobachtet, um ein besseres Spielverständnis zu entwickeln, vor allem zu Beginn meiner Karriere. Sehr gern habe ich mir die Auftritte von Alan Shearer und Didier Drogba angeschaut, später habe ich mich dann von Diego Costa inspirieren lassen. Ich würde sagen, diese drei habe ich am liebsten spielen sehen. Ich will damit nicht sagen, dass wir dieselbe Spielweise haben, denn das sind Legenden, aber auf jeden Fall wollte ich so spielen wie sie und sein wie sie.

Und heute?  Statistisch gesehen ist Ronaldo der Beste, und zwar bei Weitem. Dann ist da noch Lionel Messi. Die beiden sind auf einem anderen Niveau und nicht mit dem Rest vergleichbar. Dann kommen Robert Lewandowski, Romelu Lukaku, Edinson Cavani, Sergio Agüero, Mohamed Salah … es gibt heutzutage so viele gute Stürmer und man kann immer noch etwas dazulernen, wenn man ihnen zuschaut. Ich versuche immer etwas zu lernen, wenn ich mir ein Spiel ansehe, sei es nun auf Topniveau oder in tieferen Spielklassen. 

Sie führen die Torjägerliste des europäischen Qualifikationswettbewerbs derzeit mit sieben Toren gemeinsam mit Memphis Depay an. Welches Geheimnis steckt hinter Ihrer bestechenden Form?  Mein Geheimnis? Es gibt keins. Es ist einfach harte Arbeit und viel Einsatz. Ich habe im Moment großes Vertrauen in meine Fähigkeiten und natürlich bin ich auch in einem guten Umfeld. Ich habe das Glück, mit Spielern zu spielen, die sich gerne in den Dienst ihrer Mitspieler stellen und lieber den letzten Pass spielen, als selbst ein Tor zu schießen. Wenn man mit Dušan Tadić, Sergej Milinković-Savić, Filip Kostić, Nemanja Radonjić zusammenspielt, weiß man schon beim Betreten des Spielfelds, dass diese Spieler viele entscheidende Pässe spielen und man mit Bällen versorgt wird. Du musst einfach nur konzentriert bleiben und den Ball versenken, wenn sich Chancen ergeben. 

Am 27. März haben Sie mit Ihrem Team nach einer fantastischen Aufholjagd in der zweiten Halbzeit ein Remis gegen Portugal erreicht (2:2). Hat Ihnen diese Partie das Selbstvertrauen gegeben, den ersten Platz und damit die direkte Qualifikation für Katar 2022 anzuvisieren?  Wir haben gegen die Portugiesen sehr gut gespielt. Sie hatten zwei Chancen und haben daraus zwei Tore gemacht. Ich würde nicht sagen, dass wir besser gespielt haben, aber wir hatten die besseren Chancen. Wir haben Respekt vor Portugal. Das ist eine großartige Mannschaft mit hervorragenden Spielern, aber wir haben in diesem ersten Spiel gesehen, dass wir mithalten können. Wir haben noch zwei Spiele, bevor wir wieder auf die Portugiesen treffen, und zwar gegen Luxemburg und Aserbaidschan. Beide Spiele dürften schwer werden. Wir müssen uns jetzt auf diese beiden Gegner konzentrieren, die ihre Qualitäten haben und uns ein Bein stellen können. Wir werden versuchen, uns vor dem letzten Gruppenspiel gegen Portugal die bestmögliche Ausgangsposition zu verschaffen. 

Das ist Ihre dritte WM-Qualifikation. Würden Sie sagen, dass dieses Team das beste ist, mit dem Sie je angetreten sind?  Ich habe immer in sehr guten Mannschaften mit guten Spielern gespielt, aber ich würde sagen, wir haben eine gute Dynamik. Wir haben dieses Jahr einen neuen Trainer bekommen und spielen guten Fussball. Die Stimmung in der Mannschaft und im Umfeld ist gut, und wir spielen attraktiven Offensivfussball. Wir sind gegen jeden Gegner ehrgeizig. Mit etwas Glück sind wir bei der WM dabei. 

Welche Erinnerungen haben Sie an Ihre erste WM-Teilnahme 2018 in Russland?  Das Gefühl, sein Land bei einem großen Turnier zu vertreten, ist nicht zu toppen. Ich habe sehr schöne Erinnerungen daran, und natürlich auch weniger gute, da wir den Einzug in die zweite Runde knapp verpasst haben. Ich denke immer noch gern an unseren Sieg gegen Costa Rica im ersten Spiel (1:0) zurück. Auf persönlicher Ebene habe ich mich sehr über mein Tor gegen die Schweiz gefreut (1:2-Niederlage). Tatsächlich ist die WM als Ganzes einfach eine unglaubliche Erfahrung. Die Reise, die Vorbereitung, das Gefühl vor dem ersten Spiel. Ich hoffe, dass ich das in Zukunft noch einmal erleben kann. 

Haben Sie das Gefühl, in Russland etwas verpasst zu haben?  Das Turnier hat bei uns schon einen bitteren Nachgeschmack hinterlassen. Wir hatten eine sehr gute Mannschaft, und ich glaube, auf dem Papier waren wir hinter Brasilien die zweitbeste Mannschaft der Gruppe. Wir haben zu viele Fehler gemacht und hatten Pech. Wir haben unser Potenzial nicht voll ausgeschöpft.