Donnerstag 25 November 2021, 09:00

Martínez Losa: "Es motiviert mich, eine Nation wie Schottland trainieren zu dürfen"

  • Der spanische Coach unterschrieb im Sommer einen Vertrag als Nationaltrainer Schottlands

  • Er ist mit dem Ziel angetreten, das Beste aus dem Team und seinen Spielerinnen herauszuholen

  • Auf dem Weg zur FIFA Frauen-WM™ trifft er nun mit seinem Team auf Spanien

Pedro Martínez Losa stolperte fast zufällig in das Abenteuer Frauenfussball. 2007 wurde in Spanien die Frauen-Superliga ausgetragen und das Team von Pozuelo bot ihm einen Posten als Trainer an. Mit knapp 21 Jahren und dem Wunsch, rasch voranzukommen, nahm er diese Herausforderung an. Was danach kam, hätte er sich jedoch nicht vorstellen können. "Ich hatte eigentlich überhaupt keine Ahnung vom Frauenfussball. Ich war jung, wollte lernen, hatte meine ersten Schritte im Fussball bei Atlético unternommen, und dann bot sich mir die Möglichkeit, Pozuelo zu trainieren. Es war die Chance, weiterzukommen und viel schneller auf dem höchsten Level ein Team zu trainieren als es je im Männerfussball möglich gewesen wäre", erzählt Martínez Losa im Gespräch mit FIFA.com. "Von da an boten sich mir immer wieder Gelegenheiten, mich weiterzuentwickeln und so wurde ich zu einem wahren Fachmann im Frauenfussball", gesteht er lächelnd ein. In den 14 Jahren im Job hat er schon große Erfolge im Frauenfussball in Spanien, den Vereinigten Staaten, England und Frankreich feiern können, bis er im Sommer dann das Angebot erhielt, Schottland zu trainieren. Pedro Martínez Losa sprach mit FIFA.com über diese große Chance, seine Ziele auf dem Platz und abseits davon, über das Fehlen der großen Kim Little und was es heißt, auf dem Weg zur FIFA Frauen-Weltmeisterschaft 2023™ auf Spanien zu treffen.

Eine willkommene Gelegenheit

Es war kein Zufall, dass die Schotten anriefen. Aufgrund seines herausragenden Rufs war es eigentlich nur eine Frage der Zeit, bis er eine Nationalmannschaft trainieren würde. "Der Frauenfussball ist mein Weg. Hier bin ich gewachsen und habe meine Chancen genutzt. Man vertritt immer irgendwie sein Land, möchte große Ziele erreichen und an einer Weltmeisterschaft teilnehmen. Das war eine meiner Optionen. Ich träumte davon und dann bot sich mir die Chance mit Schottland." Nachdem er unter anderem Teams wie Rayo Vallecano, Millwall, Arsenal und Girondins Bordeaux trainiert hat, weiß Pedro genau, wovon er spricht. Er möchte nicht nur bestimmte Ziele auf dem Platz erreichen, sondern der Verband hat ihn auch gebeten, das Bestmögliche aus dem Frauenfussball in Schottland herauszuholen. "Das Erste, was ich vorschlug, ist eine Kultur der Exzellenz und des Fleißes zu entwickeln, und zwar auf der Grundlage einer eigenen Identität und von Teamgeist. Es geht darum, die DNA der schottischen Spielerinnen zu definieren, ihnen zu verdeutlichen, was es bedeutet, für Schottland zu spielen, welche Art Spielerin das Land braucht und auf diesem Wege auch eine typische Spielweise zu finden", erzählt er uns. Pedro weiß, wovon er spricht und erklärt es bereitwillig: "Bevor ich dieses Traineramt übernahm, habe ich mich gut vorbereitet. Ich wusste, was mich erwarten würde. Natürlich ändert sich der Rahmen etwas, weil man weniger Zeit mit den Spielerinnen verbringt, aber es begeistert mich mehr wegen der ganzen Planung und der verfügbaren Mittel. Es motiviert mich, eine Nation wie Schottland trainieren zu dürfen … oder von einer WM- oder EM-Teilnahme träumen zu dürfen", merkt er an.

Schmerzlich vermisst

Ein Problem, mit dem er rasch konfrontiert wurde, auch wenn es nicht überraschend kam, war der Abschied von Kim Little aus dem Nationalteam. "Sie ist nicht zu ersetzen, absolute Weltspitze, was sie über viele Jahre bewiesen hat. Ich wusste jedoch Bescheid. Man muss ihre Karriere feiern und ihre Spielweise weiterhin genießen, aber auch ihre Entscheidung respektieren. Es geht weiter und wir werden anderen Spielerinnen eine Chance geben, die sich gerne der Herausforderung stellen", erklärt er. Nachdem Schottland bei der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft 2019™ debütierte, hofft man nun auf die zweite Teilnahme. Die Schottinnen haben zwar die Qualifikation für die Europameisterschaft 2022 verpasst, doch dem kann Pedro auch positive Seiten abgewinnen. "Ich bin auf eine Gruppe von Spielerinnen getroffen, die auf Wiedergutmachung aus sind und alles daran setzen möchten, wieder auf das frühere Niveau zurückzukehren. Wir haben nicht vergessen, dass Schottland schon einmal bei einer EM und einer WM dabei war. Jetzt haben wir das Glück einer Generation von Spielerinnen, die das Zeug haben, die Qualifikation zu schaffen und unser großes Ziel zu erreichen."

Ein alter Bekannter

Auf dem Weg zur WM trifft Schottland nun auch auf Spanien, ein Team, das Pedro Martínez Losa gut kennt. "Es ist das Team, das den besten Fussball der Welt spielt. Was die Spielweise angeht, sind die Spanierinnen allen anderen überlegen", betont er. Darüber hinaus ist es der Angstgegner Schottlands auf dem Weg zur EM und WM. "Wir erinnern uns alle noch an diese Verlängerung mit dem entscheidenden Tor von Vero Boquete in der Qualifikation für die EM 2013. Seit ich den Frauenfussball verfolge, hat es den Anschein, dass man immer auf denselben Gegner trifft und im Fall Schottlands ist das Spanien", fügt er hinzu. Beide sind in der Qualifikation punktgleich, mit drei Siegen in ebenso vielen Spielen. Sie bekommen es zunächst mit Faröer und der Ukraine zu tun, bevor es am 30. November in Sevilla zum Showdown kommt. Seine Meinung zum Team von Jorge Vilda ist eindeutig: "Sie sind die klaren Anwärterinnen auf den ersten Platz. Noch sind wir punktgleich. Vorher geht es für uns gegen das starke Team aus der Ukraine. Wir denken von Spiel zu Spiel. Es ist etwas Besonderes, gegen Spanien spielen zu dürfen. In dieser Fünfergruppe ist jedes Spiel wichtig." Über die spanische Auswahl, die bei den großen Turnieren eine immer wichtigere Rolle spielt, sagt Pedro: "Man kann ihre Entwicklung mit der im Männerfussball vergleichen, in dem ein starkes Kontingent von Barça-Spielern die Spielweise prägte und sich den Gegnern überlegen erwies. Spanien muss bei den Frauen noch diesen Schritt tun, ein großes Endspiel erreichen und es gewinnen. Was die Spielweise angeht, sieht man jedoch bereits jetzt, wozu sie imstande sind", betont er.

Pedro Martínez Losa, Scotland Women's National Team coach

Klare Vorstellungen

Pedro zaudert nicht und weiß genau, wie er die Qualifikation für die WM schaffen möchte. "Wir sind ein Team, das den Ball haben möchte. Wir wollen Spaß haben und die Fans begeistern. Sie sollen unser zwölfter Mann in allen Partien im Hampden Park sein." Es geht nämlich nicht nur darum, Spiele zu gewinnen. Und so erklärt er zum Schluss: "Ich möchte einen attraktiven Fussball spielen, mit dem sich die Fans identifizieren können. Wir möchten Generationen von Mädchen und Frauen in Schottland inspirieren. Sie sollen uns als Team im Gedächtnis behalten, das etwas Besonderes geschafft hat." Bilder mit freundlicher Erlaubnis des schottischen Fussballverbandes