Dienstag 29 März 2022, 03:00

Argentinien eröffnet vorbildhaftes Zentrum für Schiedsrichter-Technologie und -Entwicklung (CDTA) für VSA-Einsatz

  • Das neue VOR-Gebäude der AFA sticht unter den Mitgliedsverbänden Südamerikas hervor

  • Das CTDA sorgt damit für die zentrale Umsetzung der VSA-Nutzung und die Schulungen zum Umgang mit diesem System im Land

  • Gebaut und ausgerüstet wurde das Zentrum mit finanziellen Mitteln aus dem FIFA-Entwicklungsprogramm FORWARD

Pierluigi Collina, Vorsitzender der FIFA-Schiedsrichterkommission zeigte sich "begeistert" vom neuen Zentrum, nicht nur wegen der Effizienz der Einrichtung, sondern auch weil es ihn "äußerlich beeindruckte". Massimo Busacca, Leiter der FIFA-Abteilung Schiedsrichterwesen, verglich es gar mit einem "richtigen Ferrari" und betonte, dass ein solch fussballbegeistertes Land wie Argentinien "genau dies verdient" habe. Der Fussballverband Argentiniens hat damit den Weg für den Einsatz des Video-Schiedsrichterassistenten (VSA) freigemacht, nachdem das CTDA an seinem Standort in Ezeia in der Hauptstadt Buenos Aires, eröffnet worden ist. Das CTDA, das auch als VOR-Gebäude (Video Operating Room) bezeichnet wird, wurde mit finanzieller Unterstützung in Höhe von ca. USD 2 Mio. aus dem FIFA-Entwicklungsprogramm FORWARD errichtet, gebaut und ausgerüstet. Dieses intelligente Zentrum von 900 Quadratmetern verfügt über sieben VOR-Räume, um den VSA zu nutzen, ein Auditorium für Schulungen sowie über Büros für die nationale Leitung des Schiedsrichterwesens im argentinischen Verband (AFA).

Zu den Rednern bei der feierlichen Einweihung gehörten neben Collina und Busacca auch Federico Beligoy, Nationaler Leiter für das Schiedsrichterwesen bei der AFA, Jair Bertoni, Direktor der Subdivision der Mitgliedsverbände Amerikas bei der FIFA und Claudio Tapia, Präsident der AFA und Hauptinitiator des Projekts. "Alles begann 2019, als Tapia mich kontaktierte und sagte, dass er mehr technologische Unterstützung im argentinischen Fussball wünschte. Damals waren wir gerade dabei, zu sehen, wie der VAR weltweit genutzt wurde. Wir betrachteten die Ligen mit zentralem und mit dezentralem VAR und entschieden uns dann für dieses Gebäude, um ein zentrales System einzusetzen. In einem flächenmäßig so großen Land war dies die beste Lösung", berichtet Beligoy gegenüber FIFA.com. Der ehemalige internationale Schiedsrichter beklagte, dass die Pandemie das ganze Verfahren der Schulung verzögert hatte, dass aber nun, nach der Zertifizierung von 50 argentinischen Unparteiischen durch FIFA und IFAB und nach Einweihung des VOR-Gebäudes, der VSA am ersten Aprilwochenende am 8. Spieltag des Ligapokals im argentinischen Männerfussball erstmals zum Einsatz kommen werde.

Inauguration of AFA’ Refereeing Technology and Development Centre (VOR building)

Beligoy lobte nicht nur die Arbeit der Entwicklungskommission der AFA sondern auch die "herausragende Rolle" der FIFA bei der Verwirklichung des Projekts, "denn sie hat uns beständig unterstützt, unsere konkreten Anforderungen verstanden und berücksichtigt und dafür gesorgt, dass sie umgesetzt werden". Jair Bertoni betonte gegenüber FIFA.com, dass "dies ein bedeutendes Projekt ist, da die FIFA den VSA weltweit fördern und einsetzen möchte. Das Engagement von FIFA und AFA zur Umsetzung eines Projekts dieser Tragweite zur Förderung des Schiedsrichterwesens im Land war von entscheidender Bedeutung dafür, dass die FIFA von Anfang an dabei war, von den ersten konkreten Überlegungen zum Vorhaben und die nachfolgende Planung, die Unterstützung durch Experten und Managementtools bis zur Sicherung der Finanzierung durch das FIFA-Entwicklungsprogramm FORWARD." Bertoni hob auch bestimmte Aspekte des Projekts hervor, "wie die nach höchsten Standards vorgenommene Glasfaserverkabelung, die die Verbindung zwischen den Stadien der ersten Liga des Landes und der VSA-Zentrale sicherstellt". Er verwies auch darauf, dass das Gebäude "eine zentrale VSA-Plattform für sämtliche Spiele im Profifussball sein wird, zunächst im Männerfussball zum Einsatz kommt und in naher Zukunft auch in weiteren Bereichen, wie auch dem Frauenfussball." Einige Zahlen zum Projekt

  • USD 1.846.225,25: Mittel aus dem FIFA-Entwicklungsprogramm FORWARD für die Bauarbeiten

  • USD 288.059,96: Mittel aus dem FIFA-Entwicklungsprogramm FORWARD für Mobiliar und Ausstattung

  • 26 Stadien, die bereits zertifiziert über Glasfaser verbunden sind (zwei weitere werden demnächst zertifiziert)

  • Verlegung von mehr als 2.800 Kilometern Glasfaser

  • 40 von FIFA / IFAB zertifizierte Schiedsrichter

  • 13 von FIFA / IFAB zertifizierte VSA-Bediener

  • 14-wöchige Schulung der Schiedsrichter

  • 96 Spiele in der Endphase der Schiedsrichterausbildung für die Zertifizierung

  • 192 Offline-Partien mit VSA im Jahr 2021

Nachdem er an das Lob von FIFA-Präsident Gianni Infantino bezüglich des CTDA bei dessen letztem Besuch im Land erinnert hatte, zeigte auch Claudio Tapia sich gegenüber FIFA.com äußerst zufrieden. "Dieses Gebäude offenbart, wie wichtig dieses Werkzeug ist und welche Rolle der VSA im Fussball unseres Landes spielen wird. Nachdem wir die Situation in verschieden Verbänden beobachtet haben, dürfen wir davon überzeugt sein, dass es zu den besten Systemen in Südamerika zählen wird", versicherte der Präsident der AFA. Zu den Gästen bei der Einweihung zählte auch eine Gruppe südamerikanischer Schiedsrichter, die an einem Seminar zur Vorbereitung der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Katar 2022™ teilgenommen hatten, das unter der Leitung von Colina und Busacca im Zuge der Inbetriebnahme des brandneuen Zentrums in Buenos Aires stattfand.

Welche Auswirkungen der Einsatz des VSA für argentinische Schiedsrichter haben werde? Collina hatte diesbezüglich keinerlei Zweifel: "Viele haben schon mit diesem System in anderen Wettbewerben gearbeitet. Vielleicht wird es eine Umstellung für die neuen Schiedsrichter sein, aber auch sie werden davon profitieren. Der VSA wird ihr Leben erleichtern und angenehmer machen. Er wird ihnen mehr Sicherheit geben. Sie werden ihrer Aufgabe auf dem Platz nachgehen, als ob es keinen VSA gäbe. Sie werden bereit für die schwierige und wichtige Aufgabe sein, ein Spiel zu lenken. Dennoch wissen sie, wenn irgendetwas unklar ist, dass es dann ein System gibt, das sie unterstützt." Für Busacca, "war genau das in einem so fussballbegeisterten Land unerlässlich. Manchmal geht es nur um Zentimeter, über die ein Schiedsrichter entscheiden muss und dann vergessen wir oft, dass er auch nur ein Mensch ist. Der VSA wird es ihm ermöglichen, nachdem er die Situation überprüft hat, genau die richtige Entscheidung zu treffen". Néstor Pitana, der das Eröffnungsspiel und auch das Finale der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft 2018™ geleitet hatte, stimmt ihm da voll und ganz zu. "Grundsätzlich bleibt es dabei, dass der Schiedsrichter das Ganze leitet, die Entscheidungen auf dem Platz trifft. Das System ist ein Backup für ihn, ein Plan B für den Fall, dass Plan A nicht funktioniert. Es ist ein Werkzeug, das, wenn man es richtig einsetzt, für den Fussball vorteilhaft ist und für mehr Transparenz sorgt".